Die Trends auf dem europäischen Arbeitsmarkt 2020

Du fragst Dich, wie 2020 die Trends auf dem europäischen Arbeitsmarkt aussehen? Ein Überblick und Hintergrundinformationen.

Ein Gastbeitrag von Studi-kompass

2019 war ein gutes Jahr für Fach- und Führungskräfte. Und auch die Arbeitslosigkeit innerhalb Europas war auf einem vergleichsweise niedrigen Stand. Das dürfte sich in 2020 ändern. Immerhin hat die Corona-Krise den Kontinent und die ganze Welt fest im Griff.

Doch wie sieht der europäische Arbeitsmarkt tatsächlich aus? Und welche Trends lassen sich unabhängig von der Pandemie beobachten? Der folgende Artikel gibt einen Überblick.

 

Starke Anstiege in der Arbeitslosigkeit

Die schlechte Nachricht zuerst: Die Arbeitslosigkeit in Europa könnte laut der Unternehmens- und Strategieberatung McKinsey & Company in den kommenden Monaten in der Tat stark ansteigen. Und zwar um fast das Doppelte: Nach Schätzungen sind durch die mit der Coronavirus-Pandemie zusammenhängenden Lohn- und Arbeitsstundenkürzungen rund 59 Millionen Arbeitsplätze gefährdet. Diese Entwicklung sei nicht nur für die einzelnen Betroffenen, sondern für die gesamte Wirtschaft der EU sehr schmerzhaft, so die Verantwortlichen von McKinsey & Company in einem Bericht.

Das Beratungsunternehmen prophezeit für die 27 europäischen Mitgliedstaaten eine Arbeitslosigkeit von 7,6 Prozent; erst im vierten Quartal 2021 könnte es möglich sein, zum Stand von vor der Krise zurückzukehren. Außerdem zeigen die Untersuchungen, dass die Arbeitslosigkeit im schlimmsten Fall sogar auf 11,2 Prozent ansteigen könnte. In diesem Fall würde sich der Markt erst im Jahr 2024 wieder von den „Corona-Folgen“ erholen.

Die Hälfte der gefährdeten Jobs sind im Baugewerbe, in der Gastronomie und im Vertrieb sowie im Kundenservice angesiedelt. Außerdem seien 14,6 Millionen Arbeitsplätze im Einzelhandels- und Großhandelssektor sowie 1,7 Millionen Arbeitsplätze in der Kunst- und Unterhaltungsbranche betroffen.

Viele dieser und weitere Stellen werden derzeit noch über das Kurzarbeitergeld gesichert. Man kann also nur hoffen, dass die Pandemie zunehmend abflacht und dass sich der Arbeitsmarkt nach und nach von den Beeinträchtigungen erholt.

  • Zusatzinformation: Auch in Deutschland hinterlässt das Virus deutliche Spuren auf dem Arbeitsmarkt: In 2020 wird die Arbeitslosenquote voraussichtlich auf bis zu 5,9 Prozent steigen; das Bruttoinlandsprodukt dürfte laut Expertenprognosen um über 4 Prozent schrumpfen.

Die Wirtschaft wird „grün“

Unabhängig von der Corona-Pandemie nehmen die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle ein. Und zwar nicht nur im privaten Leben, sondern auch bei Unternehmen und Organisationen. Das soziale Netzwerk LinkedIn beschäftigte sich diesbezüglich mit relevanten Stellenausschreibungen und Berufsbezeichnungen: Man analysierte die der Plattform zur Verfügung stehenden Daten, um sich ein Bild von der aktuellen Lage auf dem Arbeitsmarkt machen zu können.

Die „Studie“ brachte zwei zentrale Ergebnisse hervor:

  1. Die Stellenausschreibungen in Sachen „grüner Arbeitsplatz“ nahmen bereits vor der Covid-19-Pandemie um 49 Prozent zu.
  2. In 2019 wurde ein Zuwachs an Nachhaltigkeitsfachleuten um ganze 13 Prozent verzeichnet. Diese Zahl für Europa liegt 6,5 Prozent über dem weltweiten Durchschnitt.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass sich der europäische Arbeitsmarkt in Richtung Klimaschutz und Nachhaltigkeit „verschiebt“. Die höchste Konzentration an entsprechenden Fachleuten findet sich dabei in Stockholm; Deutschland liegt im weltweiten Vergleich auf Platz 10 der Länder, wobei Berlin (Platz 13 unter den Städten) den größten deutschen Nachhaltigkeitssektor stellt.

  • Merke: Der erste Platz der schwedischen Hauptstadt im Vergleich ist kein Zufall, sondern das Ergebnis von jahrelangen Bemühungen und großem Engagement in Sachen Nachhaltigkeit.

Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung: Datenanalysten werden (auch) im Sektor Nachhaltigkeit zunehmend gefragter. Außerdem erfreuen sich Fachleute aus den Bereichen Umweltüberwachung, Kreislaufwirtschaft und Corporate Sustainability an sehr guten Arbeitsplatzchancen. Weitere Branchen, die sehr gute Aussichten bieten, wenn es um „grüne Beschäftigungsmöglichkeiten“ geht:

  1. Umweltdienstleistungen
  2. erneuerbare Architektur und Planung
  3. erneuerbare Energien und Umwelt.
  • Hinweis: Die Analyse von LinkedIn ist nicht repräsentativ nach wissenschaftlichen Standards.

 

Spezialisten vs. Generalisten

Auch der Blick auf die heutigen Studiengänge sowie auf andere Stellenausschreibungen (außerhalb von LinkedIn) zeigt, was die obige Untersuchung bereits andeutet: Es besteht eine starke und immer mehr zunehmende Nachfrage nach Fachkräften. Anders ausgedrückt: Während es für Generalisten immer schwieriger wird, eine Stelle zu finden, werden Spezialisten mit umfangreichem Know-how auf ihrem Gebiet mit offenen Armen vom Personaler empfangen.

Gleichzeitig gibt es aber auch Experten, die sagen, dass Generalisten auf dem Arbeitsmarkt sehr gute Chancen haben. Und zwar aufgrund der ständig wechselnden Anforderungen: Wer sich nicht auf einen Bereich fixiert, sondern sich umfangreich weiterbildet, kann aus einem größeren Erfahrungspool schöpfen und sich besser an neue Situationen anpassen.

  • Es bleibt abzuwarten, welche dieser Seiten im weiteren Verlauf des Jahres recht behält.

 

Vom Aussterben bedrohte Berufe

Ein Trend auf dem europäischen Arbeitsmarkt 2020, der sich bereits im vergangenen Jahr angedeutet hat: Es werden immer mehr Stellen abgebaut und immer mehr Berufszweige fallen weg. Besonders betroffen davon sind die Automobil- und die Finanzbranche als auch die Touristik und die Schwerindustrie. Diese und weitere Bereiche fallen der Digitalisierung zum Opfer, d.h. während „altbewährte“ Jobs wegfallen, entstehen zunehmend neue Berufszweige. Hierin besteht zwar auch eine große Chance für diejenigen, die ihre Arbeit verlieren. Diese können aber nur von der Digitalisierung profitieren, wenn sie sich entsprechend weiterbilden bzw. umschulen. Diesbezüglich stehen die Arbeitgeber und der jeweilige Staat in der Verantwortung.

  • Tipp: Unabhängig von den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt müssen Berufstätige flexibel sein und davon ausgehen, dass es jederzeit zu gravierenden Veränderungen kommen kann.

 

Die Frage nach dem Sinn

Schon 2019 hörte man im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt oft Begriffe, wie Zweck/Purpose und sinnstiftend – immer mehr Beschäftigte fragen sich, warum sie eine Arbeit eigentlich machen. In 2020 ist es die Aufgabe der Chefetagen, ihren Mitarbeitern beim Erkennen der Sinnhaftigkeit ihres Jobs zu helfen. Dabei geht es keinesfalls darum, eine positive Außendarstellung zu erreichen, sondern ein jeder Angestellter möchte erfahren, was er oder sie zum großen Ganzen seiner Firma beiträgt/beitragen kann.

Zwei Stichworte in diesem Zusammenhang lauten Feedback und Transparenz: Derjenige, der es schafft, seinen Mitarbeitern zu zeigen, welche (positiven) Auswirkungen die eigene Arbeit auf das Unternehmen, die Kollegen und möglicherweise auch die Öffentlichkeit hat, erfreut sich an einem motivierten Personal sowie an einem produktiven Arbeitsklima.

 

Unternehmen suchen aktiv

Ein weiterer Trend, der sich 2020 auf dem europäischen Arbeitsmarkt abzeichnet: die gezielte Suche von Unternehmen nach Talenten bzw. perfekt passenden Arbeitskräften. Anstatt spezielle Stellen öffentlich auszuschreiben, setzen immer mehr Arbeitgeber auf sogenannte Headhunter. Diese machen sich für den Auftraggeber auf die Suche nach potenziellen Neueinsteigern und Jobwechslern. Ein Begriff, der eng mit diesem Thema verbunden ist, lautet Active Sourcing.

Trends auf dem europäischen Arbeitsmarkt 2020 – abschließende Bemerkungen

Der europäische Arbeitsmarkt unterliegt einer großen Dynamik und befindet sich nicht nur aufgrund der Corona-Krise in einem Umbruch. Ebenso tragen die Digitalisierung und weitere Entwicklungen zu den Trends im Jahr 2020 und darüber hinaus bei. Wie intensiv sich diese gestalten werden und mit welchen zusätzlichen Veränderungen zu rechnen sein wird, bleibt abzuwarten und hängt nicht nur von der Dauer der Covid-19-Pandemie ab.